Nach Audi Brussels macht nun auch Cora in Belgien Schluss
Alle sieben Cora-Hypermärkte in Belgien werden bis Anfang nächsten Jahres geschlossen. Rund 1.800 Mitarbeitende werden entlassen. Der Eigentümer der Marke, die Louis-Delhaize-Gruppe, geht damit einen weiteren Schritt in ihrem Rückzug aus dem Großvertrieb und der Vermarktung von Einzelhandelsflächen.

Am 8. April kündigte ein Betriebsrat die Schließung der sieben in Belgien betriebenen Cora-Hypermärkte an. Die Schließung soll bis Anfang nächsten Jahres abgeschlossen sein und 1.779 Arbeitsplätze betreffen. Laut dem Föderalen Öffentlichen Dienst für Beschäftigung, Arbeit und sozialen Dialog wird dies die siebtgrößte Entlassungswelle in Belgien seit 2010 sein. Sie erfolgt nur wenige Wochen nach der Schließung des Audi-Werks in Forest (Brüssel), bei der 2.920 Arbeitsplätze verloren gingen. Die Einkaufszentren werden an das belgische Immobilienunternehmen Mitiska Reim verkauft, das auf die Verwaltung von Einkaufszentren in ganz Europa spezialisiert ist. Eine diskrete Transaktion mit wenig Details.
Verluste in Serie
In den vergangenen Jahren verzeichnete Cora Belgien Verluste in Serie: 2024 ein Minus von 24 Millionen Euro sowie ein prognostiziertes Defizit von 90 Millionen Euro in 2025 und 2026. Zwischen 2017 und 2021 musste die Familie Bouriez (Nachkommen von Louis Delhaize) sogar 74 Millionen Euro in das Unternehmen investieren, um es zu retten.
In Belgien ist der Supermarkt-Wettbewerb hart. Auf einer Fläche, die nur halb so groß ist wie die Region Grand Est in Frankreich, leben 11,8 Millionen Menschen, dazu kommen zahlreiche Geschäfte: 2023 gab es in Belgien einen Supermarkt für 3.000 Einwohner, verglichen mit nur einem Supermarkt für 2.200 Einwohner in Frankreich. Um in diesem Wettbewerbsumfeld zu überleben, muss eine Marke entweder spezialisiert sein oder stets die günstigsten Preise bieten.
„Cora organisierte seine italienischen Wochen in Regionen, in denen besonders viele italienische Einwanderer leben, wie etwa in La Louvière. Das Sortiment wurde an die Bevölkerung angepasst – ein klarer Pluspunkt. Auch ihre Weinmessen waren qualitativ hochwertig. Während diese in Brüssel gut funktionierten, liefen sie in La Louvière weniger gut, wo die Biugets niedriger ist“, erklärt Christophe Sancy, Chefredakteur von Gondola, einem belgischen Fachmedium für den Einzelhandel.
Cora, nur 1,6 % des belgischen Marktanteils
Heute ist Carrefour die einzige Kette, die in Belgien noch Hypermärkte betreibt. Dennoch freut sich kein Konkurrent über das Verschwinden von Cora, das nur 1,6 % des belgischen Marktanteils ausmachte.
„Das Modell des Hypermärkte ist infrage gestellt. Dieses Format stammt aus den glorreichen Dreißigern, einer Zeit des Konsumrausches. Heute muss man gute Gründe haben, um 15 oder 20 Kilometer für einen Einkauf zurückzulegen. In Belgien gibt es viel näher günstigere Alternativen“, erklärt Christophe Sancy weiter.
Ein familiärer Kreis schließt sich
Louis Delhaize, der Eigentümer von Cora, ist ein Familienunternehmen, das 1875 gegründet wurde. Nicht zu verwechseln mit Delhaize, einer Supermarktkette, die 1870 von Jules und Auguste Delhaize, zwei Brüdern, gegründet wurde.
Im Januar 2025 kündigte Delhaize die Übernahme von 325 Louis-Delhaize-Märkten an. Das Ende von Cora markiert einen weiteren Schritt im Rückzug von Louis Delhaize aus dem Einzelhandel. Bereits im Vorjahr hatte Carrefour die 60 französischen Cora-Märkte übernommen.
Louis Delhaize hielt auch die Marken Match/Smatch, die in Belgien hauptsächlich von Colruyt und in Frankreich von Carrefour übernommen wurden. In Luxemburg wechselten zwei Cora-Standorte sowie Match/Smatch im Jahr 2024 zu E.Leclerc. Im selben Jahr folgte die Übernahme von Delitraiteur, einem auf frische Gerichte spezialisierten Anbieter, durch Colruyt.
„Die Pläne vont Louis Delhaize sind unklar. Aber sie haben den Großvertrieb in Frankreich, Rumänien, Luxemburg und Belgien verlassen. Sogar die Immobilien wurden verkauft“, stellt Christophe Sancy fest.
Welche Zukunft für die Mitarbeitenden?
Was wird aus den 1.779 belgischen Mitarbeitenden von Cora? Sie werden alle bis Anfang nächsten Jahres ihre Arbeit verlieren. Dennoch ermöglicht die vorzeitige Schließung von Cora die Anwendung des sogenannten Renault-Verfahrens. Dieses belgische Gesetz regelt kollektive Entlassungen und entstand nach der Schließung des Renault-Werks in Vilvoorde im Jahr 1997, bei der 3.097 Arbeitsplätze unter angespannten sozialen Bedingungen verloren gingen. Im Fall von Cora sieht Christophe Sancy „den Willen, alles korrekt zu machen. Es wird eine Phase der Information und der Verhandlungen geben, um Probleme zu vermeiden.“
„Rund 1.800 Menschen werden bis nächstes Jahr ihren Job verlieren, das ist ein Fakt. Viele Mitarbeitende sind jedoch gut ausgebildet und erfahren. Sie könnten in Regionen des Landes, in denen Arbeitskräfte fehlen, neue Anstellungen finden. Beschäftigte aus dem Cora in Messancy, nur wenige Kilometer von der luxemburgischen Grenze entfernt, könnten zudem auf die besseren Gehälter im Großherzogtum hoffen“, so Sancy weiter.
Im Jahr 2024 erlebten die luxemburgischen Mitarbeitenden von Cora und Match kein kollektives Entlassungsschicksal: Alle 1.200 Arbeitsplätze wurden von E.Leclerc behalten.
© André Faber.