Die Deutschland-Roadmap: Grand-Est hat einen Fahrplan für mehr deutsch-französische Zusammenarbeit

Grand-Est ist die einzige französische Region, die vollständig an Deutschland grenzt. Deshalb will die Region ihre Zusammenarbeit mit Deutschland ausbauen. Die Strategie für die Jahre 2025 bis 2028 legt die Deutschland-Roadmap fest. Sie knüpft an die engen Partnerschaften mit den benachbarten Bundesländern an und macht den Grand Est zu einer Pilotregion für die deutsch-französische Kooperation.

Wirtschafts-Briefing in Berlin
Wirtschafts-Briefing in Berlin ©-stadler-rge-49

Auf Grundlage ihrer 2018 verabschiedeten grenzüberschreitenden Strategie hat die Region Grand Est einen neuen Fahrplan entwickelt, der ihre deutsch-französischen Aktivitäten für den Zeitraum 2025–2028 strukturiert und ausbaut. Dabei nutzt Grand Est die Möglichkeiten, die ihr der Aachener Vertrag gibt, der erstmals die Rolle von Gebietskörperschaften im bilateralen Dialog offiziell anerkennt.

Der Fahrplan umfasst 23 Maßnahmen, gegliedert in vier Handlungsfelder: ökologischer und digitaler Wandel, Jugend und Kultur, Wirtschaft, sowie Mobilität. Ziel ist es, den Grand Est als Modellregion für deutsch-französische Zusammenarbeit zu etablieren.

Die Hauptachse der Roadmap: Übergänge und Umwelt

Als erste der Hauptachsen eingetragen, umfasst das Thema „Übergänge und Umwelt“ die grenzüberschreitende Mobilität, Energiewende, Raumplanung, digitale Zusammenarbeit und den Umweltschutz .

Mit mehr als 40.000 Grenzgängern aus Frankreich, die in Deutschland arbeiten, und vielen Freizeitfahrten stellt die Mobilität für den Grand Est eine wichtige Herausforderung dar. Die Region hat 30 Regiolis-Züge angeschafft, die auf beiden Seiten der Grenze fahren dürfen. Zudem verpflichtet sie sich, den Takt auf den grenzüberschreitenden Linien deutlich zu erhöhen, wie etwa auf den Strecken Metz–Trier, Metz–Forbach, Straßburg–Saarbrücken, Straßburg–Neustadt an der Weinstraße, Straßburg–Karlsruhe, Straßburg–Offenburg und Mülhausen–Müllheim.

Régiolis-Zug

Régiolis-Zug ©-stadler-rge-49

Im Zuge der Energiewende eröffnen der Ausbau europäischer Netzwerke für CO₂-freien Wasserstoff neue Perspektiven für die Zusammenarbeit zwischen dem Grand Est, dem Saarland und Baden-Württemberg. Auch im Bereich der erneuerbaren Energien findet ein intensiver Austausch statt, wie zum Beispiel durch Studienreisen und Fachgespräche zu Geothermie, Biomasse und Photovoltaik. Die Region unterstützt oder initiiert regelmäßig Fachtagungen und Veranstaltungen, darunter die deutsch-französischen Gespräche in Nancy sowie das Forum in Metz.

Wiederherstellung grenzüberschreitender ökologischer Verbindungen

Der grenzüberschreitende Umweltschutz spiegelt sich in mehreren konkreten Maßnahmen wider: So wurde ein Aktionsprogramm für das Ramsar-Feuchtgebiet am Oberrhein entwickelt, eine neue regionale Kartografie der grünen und blauen Infrarstruktur erstellt und Projekte zur Wiederherstellung ökologischer Verbindungen über die Grenze hinweg angestoßen. Zudem wird die Rückgewinnung von Abwasserressourcen in Zusammenarbeit mit Baden-Württemberg geprüft, das auf diesem Gebiet als Vorreiter gilt.

Bessere Raumplanung durch mehr Abstimmung

Die Planung wirtschaftlich nutzbarer Flächen hat dank zweier deutsch-französischer Pilotprojekte spürbare Fortschritte gemacht. So hat das Projekt MORO, das in den Regionen Oberrhein und Eurodistrict SaarMoselle umgesetzt wurde, dazu beigetragen, die Raumplanungen besser aufeinander abzustimmen und den deutsch-französischen Dialog zu vertiefen. Diese Regionalpolitik wird in Zusammenarbeit mit dem Grand Est, den deutschen Bundesländern und weiteren europäischen Partnern fortgesetzt. Über die Stiftung Genshagen wird sie nun auch auf polnische Wojewodschaften (entspricht Bundesländern) ausgeweitet.

Die kulturelle und digitale Zusammenarbeit mit den Grenzbundesländern folgt einem gemeinsamen Ziel. Es geht darum, das kulturelle Angebot in ländlichen Gebieten zu erhalten und auszubauen, sowie kulturelle Maßnahmen für junge und/oder benachteiligte Zielgruppen umzusetzen.

Öffnung des deutsch-französischen Marktes

Die Region Grand Est trägt das Label „Europäisches Tal der Innovation“ und teilt mit Deutschland ein industriell geprägtes, innovationsorientiertes Wirtschaftsmodell. Im Rahmen ihres zweiten Schwerpunktes, der Stärkung der wirtschaftlichen Attraktivität, plant sie die Einrichtung eines „Deutschland-Hubs“ in München, einem Schlüsselstandort für industrielle Innovation. Ziel ist es, die Geschäftsbeziehungen zwischen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie dem deutschen Mittelstand zu erleichtern. Die Gründung dieses Hubs wäre ein Novum für eine französische Gebietskörperschaft in Deutschland.

Zur Unterstützung der Exporttätigkeit regionaler Unternehmen fördert Grand Est ihre Präsenz auf führenden deutschen Fachmessen – in Zusammenarbeit mit der AHK International und im Rahmen des regionalen Exportprogramms PREGE (Programme régional Export Grand Est).

Darüber hinaus bietet die Region Unterstützungsprogramme für in Grand Est ansässige deutsche Unternehmen an, unterstützt Werbemaßnahmen im Bereich Bioökonomie und öffnet ihnen den Zugang zu regionalen Industrieplattformen, etwa für 3D-Druck oder Digitalisierung.

Deutsch-französisches Portal

Deutsch-französisches Portal ©-stadler-rge-49

Gemeinsame Ziele im Bereich Cybersicherheit

Die Region Grand Est, die derzeit den Vorsitz der Allianz der Automobilregionen (ARA) innehat, setzt sich gemeinsam mit den deutschen Bundesländern für eine gemeinsame Position zu den Auswirkungen des Transformationsprozesses auf die Automobilbranche ein. Sie unterstützt Projekte, die darauf abzielen, den CO₂-Fußabdruck der Branche zu verringern, und begleitet zugleich die Entwicklung neuer Wertschöpfungsketten, wie etwa im Bereich nachhaltiger Kraftstoffe für die Luftfahrt oder biobasierter Materialien. In diesem Zusammenhang empfing die Region eine Delegation aus Baden-Württemberg.

Die Innovationskooperation zeigt sich auch in der gemeinsamen Beteiligung an Ausschreibungen der Europäischen Kommission im Bereich Bioökonomie sowie in einem abgestimmten Lobbying zu Innovationsfragen auf europäischer Ebene.

Kultur und Tourismus als Chance für die Wirtschaft

Die wirtschaftliche Attraktivität umfasst auch kulturelle Netzwerke und den Kinobereich. Dies wird durch den Ausbau der Kompetenzen der Kulturakteure im Grand Est sowie die Förderung ihrer Aktivitäten in Deutschland vorangetrieben. Das Projekt CinEuro, das europäische Produktionen auszeichnet, die im Grenzraum verwurzelt sind, soll die deutsch-französische Grenze zu einem bedeutenden Zentrum des europäischen Films machen.

Die Tourismuswirtschaft beinhaltet zudem den kulturellen Austausch, die Förderung des grenzüberschreitenden Tourismus sowie die Vernetzung und Synergien im Bereich Weintourismus und Thermalbäder.

Grenzüberschreitender Austausch beginnt schon in der Schule

Der dritte Schwerpunkt des Fahrplans setzt darauf, das Erlernen der deutschen Sprache zu fördern, den Zugang zur Kultur des Nachbarlandes zu erleichtern und grenzüberschreitende Dienstleistungen auszubauen. Er basiert auf vielfältigen Partnerschaften.

Als Mitglied des Verwaltungsrats des Deutsch-Französischen Jugendwerks (DFJW) hat der Grand Est im Rahmen von Régions de France eine Vereinbarung unterzeichnet, die speziell Jugendliche anspricht, die bislang wenig Gelegenheit hatten, über die Grenze hinauszugehen. Um die deutsch-französische Mobilität nachhaltig zu stärken, muss der Austausch bereits in der Schule beginnen.

Das grenzüberschreitende Kulturangebot wird durch gemeinsame Kultur-, Gedenk- und Sportprojekte bereichert. So wurde 2025 in Schirmeck die „Mauer der Namen“ als Mahnmal eingeweiht. Die künftige Gedenkstrategie der Region Grand Est wird zudem einen wichtigen Beitrag zur Bewahrung und Weitergabe des historischen Gedächtnisses leisten.

Der Grand Est und die angrenzenden Grenzländer stärken gegenseitig ihr kulturelles Angebot. In dieser Rolle leistet die Region einen Beitrag zum grenzüberschreitenden Kulturfonds am Oberrhein.

DoYouSpeak Grand Est?

Im sprachlichen Bereich sehen die mit den Akademien geschlossenen Vereinbarungen vor, das lebenslange Lernen der deutschen Sprache zu fördern. Die künftige Mehrsprachigkeitsstrategie der Region Grand Est sowie die Plattform „DoYouSpeak Grand Est“ sollen dazu beitragen, die Sprachkenntnisse zu verbessern.

Darüber hinaus plant die Region Grand Est, die Kompetenzlevel der grenzüberschreitenden Arbeitnehmer durch gezielte Berufsausbildungen anzugleichen. Dabei liegt der Fokus besonders auf den angespannten Bereichen Medizin und Digitalisierung. In den grenznahen Regionen unterstützt die Region mehrere Projekte der Eurodistrikte, die die Mobilität von Studierenden in der Gesundheitsausbildung verbessern sollen.

Wiederbelebung der Städtepartnerschaften

Die vierte Achse des Fahrplans zielt darauf ab, die Strukturen der Zusammenarbeit zu stärken und die Städtepartnerschaften weiter auszubauen. Die mehr als 300 Partnerschaften zwischen Gemeinden im Grand Est und deutschen Kommunen, das Fundament der deutsch-französischen Freundschaft, leiden derzeit unter zu wenig Wissen in den Gemeinden über das deutsch-französische Umfeld und einem Mangel an Projektmanagern, vor allem in kleineren Gemeinden. Auch gibt es immer weniger Menschen, die ein Ehrenamt in dem Bereich übernehmen wollen. 

Die Region Grand Est setzt sich dafür ein, diesen Partnerschaften neues Leben einzuhauchen, indem sie ein regionales Netzwerk zum Austausch mit den betroffenen Kommunen aufbaut. Im Herbst 2025 findet dafür in Metz ein Kolloquium statt, das diese Strategie ausführlich vorstellen soll.

Zudem will die Region ihr Engagement in lokalen Kooperationsgremien intensivieren, die Arbeit der Eurodistrikte und Informationsstellen für Arbeitnehmer und Bürger stärker unterstützen sowie ihre Präsenz auf europäischer und deutscher Ebene ausbauen. Bereits jetzt unterhält der Grand Est Büros in der Vertretung des Saarlands in Berlin und plant, seinen Einfluss in Brüssel, Paris und Berlin weiter zu auszubauen.

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