Die Ufer des Rheins – eine parallele Rettungsaktion
Zwei Renaturierungsprogramme beginnen ihre Arbeiten zur Verbesserung der Wasserqualität, zum Schutz der Natur und zur Wiederherstellung der Fischwanderung – sowohl am elsässischen als auch am badischen Rheinufer. Sie verfolgen dasselbe internationale Ziel, folgen jedoch jeweils eigenen Verfahren und Finanzierungsregeln.

Am 9. Oktober wurde auf Initiative von Voies navigables de France (VNF), dem Betreiber des französischen Wasserstraßennetzes, ein Renaturierungsprojekt am französischen Rheinufer bei Gerstheim (Bas-Rhin) gestartet. Sechs Tage später begann ein vergleichbares Programm in der Nähe von Rastatt (Nordbaden), unter Beteiligung der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV), dem deutschen Pendant zu VNF.
Obwohl beide Projekte in unterschiedlichen nationalen Rahmen für Planung und Finanzierung verankert sind, verfolgen sie dieselben Absichten. Sie stehen zudem unter einem gemeinsamen „Dach“: dem Programm Rhein 2040 der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR). Dieses hat zum Ziel, dem durch menschliche Eingriffe der Moderne (Kanalisierung, industrielle Entwicklung usw.) stark umgestalteten Fluss wieder seine natürlichen Eigenschaften zurückzugeben. Der Erhalt oder die Rückkehr der Biodiversität durch die Schaffung ökologischer Kontinuitäten, die Wiederherstellung einer guten Wasserqualität – von der EU-Wasserrahmenrichtlinie gefordert –, die Verringerung des Hochwasserrisikos (um 15 % bis 2040 gegenüber 2020) sowie die bessere Steuerung von Niedrigwasser bilden die Leitlinien des Dokuments, das die Mitgliederstaaten der IKSR verpflichtet: Frankreich, Deutschland, die Schweiz, die Niederlande, aber auch Luxemburg und in Belgien die Wallonie. Insgesamt sollen entlang des Rheins zwischen dem Bodensee und der Mündung bei Rotterdam 400 Kilometer Uferabschnitte wiederhergestellt, stabilisiert oder umgestaltet werden.
15 geplante Kilometer
Das Elsass, Baden und Rheinland-Pfalz schaffen so wichtige Glieder dieser ökologischen Kette. Das Projekt in Gerstheim bildet – zusammen mit einem weiteren am Rand von Straßburg auf der Insel des Naturschutzgebiets Rohrschollen – den Auftakt zu einem Renaturierungsprogramm über 15 Kilometer bis 2032, verteilt über den rund 100 Kilometer langen Raum zwischen dem südlichsten Punkt des Elsass (Huningue) und dem nördlichsten in Lauterbourg.

Yann Quiquandon, Direktor von VNF Straßburg. © VNF
„Die früheren Uferverbauungen haben das Ökosystem geschwächt und zu einem Verlust an Biodiversität geführt. Ziel ist es, neues Leben zu ermöglichen, indem die natürliche Erosion wieder zugelassen wird“, erklärt Yann Quiquandon, Direktor von VNF Straßburg.
Alte Flussarme
In Gerstheim werden die Ufer so abgesenkt, dass der Transport von Kies erleichtert wird – ein entscheidender Faktor für die Fortbewegung und Entwicklung der Fische. Zwischen Rastatt und Dettenheim beginnt die Renaturierung von 812 Hektar, die sowohl die Ufer als auch die angrenzenden Rheinaue umfassen. Ziel ist es, alte Rheinseitenarme wieder zu bewässern und Fließgewässer mit Wiesen zu verbinden, um einen lebendigen Feuchtlebensraum für Flora und Fauna zu schaffen.
Gemeinsame Ziele – unterschiedliche Finanzierung. Jeder Staat legt seine eigenen Finanzierungsmodelle fest, ohne direkte europäische Förderung. In Frankreich teilen sich VNF und die Wasseragentur Rhin-Meuse den Großteil der Investitionen, ergänzt durch zusätzliche Quellen (wie etwa ein Sponsoring des Versicherers Axa für das Projekt in Gerstheim). In Deutschland wird die Finanzierung durch die Länder unterstützt, beruht jedoch primär auf zweckgebundenen Mitteln aus dem Bundesprogramm „Blaues Band“ zur Wiederherstellung ökologischer Kontinuitäten. Der Wiesenfonds, verwaltet vom Bundesamt für Naturschutz (BfN), steuerte so die 8,1 Millionen Euro für das Projekt Rastatt–Dettenheim bei.
Neue Aufgaben
Die Projektsteuerung liegt für die Auenflächen beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu) und für die Uferbereiche bei der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV), dem Pendant zu VNF.

Laure Poinsot, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins. © CIPR
„Die Erweiterung des Aufgabenbereichs der WSV um die Renaturierung – zusätzlich zur traditionellen Verantwortung für die Binnenschifffahrt – markierte mit dem neuen Bundesgesetz von 2021 einen entscheidenden Paradigmenwechsel“, betont Laure Poinsot, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins.
Der Weg ist eingeschlagen, doch er ist lang und schwierig. Die Anpassung der Ziele zeigt dies deutlich: Vor 25 Jahren, bei seiner Einführung, hatte das Programm Rhein 2020 noch die Renaturierung von 800 Kilometern entlang des Flusses vorgesehen. Doch dieses Ziel erwies sich als unrealistisch. Sein Nachfolger Rhein 2040 halbiert nun das Ziel auf 400 Kilometer.
© VNF