Biodiversität: der Hintergrund des Kampfes gegen invasive gebietsfremde Arten
Nach den Tierkrankheiten und den Schadorganismen, die Nutzpflanzen befallen, widmet sich Voisins-Nachbarn nun der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit gegen invasive gebietsfremde Tier- und Pflanzenarten, die die biologische Vielfalt bedrohen.

Waschbär, Quagga-Muschel oder Orientalische Rauke: Das Tier- und Pflanzeninventar der invasiven gebietsfremden Arten umfasst weit mehr als die gefürchtete Asiatische Hornisse, die Tigermücke oder den Japanischen Staudenknöterich. Auch andere Pflanzen und Tiere, die harmlos wirken, können Probleme verursachen. Dies stellt eine Herausforderung für Wirtschaft und Landwirtschaft, aber auch für den Schutz der lokalen Artenvielfalt dar.
Damoklesschwerter über die Biodiversität

Sophie Ouzet, Leiterin des Bereichs Arten und naturkundliche Expertise bei der Regionaldirektion für Umwelt, Raumordnung und Wohnen (Dreal) Grand Est. © Sophie Ouzet
„Diese vom Menschen importierten Arten sind Pionierarten, die in Lebensräume gelangen, die oft bereits geschwächt sind. Sie gehören zu den fünf Hauptfaktoren des Rückgangs der Biodiversität (1)“, erklärt Sophie Ouzet, Leiterin des Bereichs Arten und naturkundliche Expertise bei der Regionaldirektion für Umwelt, Raumordnung und Wohnen (Dreal) Grand Est.
Die Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten hat sich in den letzten Jahrzehnten mit der Intensivierung der menschlichen Mobilität beschleunigt. Ähnlich wie bei Epizootien (Tierseuchen) gibt es grenzüberschreitende Kooperationen auf verschiedenen Ebenen für jene Arten, die die menschliche Gesundheit oder die landwirtschaftliche Produktion bedrohen. Im Oberrheinraum vereint eine Austauschgruppe zum Tigermücken-Management Vertreter aus dem Grand Est, Baden-Württemberg sowie den Kantonen Basel und Aargau unter der Leitung des Kantons Basel-Stadt. Der Japanische Käfer, der die Landwirtschaft beunruhigt, ist Gegenstand einer engen Zusammenarbeit zwischen den Diensten der Region der Drei Grenzen. Etwas anekdotischer sind Stechäpfel (Datura stramonium), ein giftiges Ackerunkraut für den Menschen, oder die Ameise Tapinoma magnum, deren Kolonien Straßen destabilisieren und Probleme in Gebäuden verursachen: Beide waren Gegenstand jüngerer Beschlüsse der Oberrheinkonferenz.
Selbst wenn es einen Informationsaustausch mit den Nachbarn gibt, zum Beispiel innerhalb der Plattform Neobiotas des Kantons Basel-Stadt, scheint die Biodiversität nicht von der gleichen grenzüberschreitenden Aufmerksamkeit zu profitieren. „Abgesehen von den oben genannten Fällen sind uns keine konkreten grenzüberschreitenden Kooperationen mit Frankreich im Kampf gegen invasive Arten bekannt“, stellen die Dienste des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württembergs fest.
Diese Situation spiegelt tatsächlich die nationalen Prioritäten wider. „Die Schweizerische Gesetzgebung bezüglich der Handhabung von invasiven Arten gibt grosse Unterschiede zwischen den Land- und Forstwirtschaftlichen Schadorganismen und den «übrigen» invasiven Arten. Für diese Quarantäneorganismen gibt es verbindliche Melde- und Bekämpfungspflichten. Für die «übrigen» invasiven Arten bestehen zwar Vorgaben sowie Verbote mit deren Umgang, aber grundsätzlich können Grundeigentümerschaften nicht dazu verpflichtet werden, invasive Arten auf ihren Grundstücken einzudämmen“, erklären die Dienste des Kantons Basel-Landschaft. Auch in Frankreich haben gesundheitliche Auswirkungen Vorrang. „Die Beifußblättrige Ambrosie [gefürchtet wegen der von ihr ausgelösten Allergien, Anm. d. Red.], mobilisiert ein unvergleichliches Netzwerk. Aber eine Pflanze wie die großblütige Wasserprimel, die keine gesundheitlichen Auswirkungen hat, steht ebenfalls ganz oben auf der Liste“, präzisiert Laurence Claudel, Beauftragte für invasive gebietsfremde Arten bei der Dreal Grand Est.
Lokalisierte Eindringlinge
Neben den Unterschieden in der Verwaltungsorganisation der Gebiete liegt eine weitere Schwierigkeit für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in den unterschiedlichen Status der Arten. Die sogenannten ‚Quarantäne-Arten‘ sind in der Schweiz und in der Europäischen Union weitgehend gleich, bei den anderen invasiven Arten (IAA) ist die Lage jedoch unklarer. Selbst innerhalb der EU-Länder sind nicht alle als invasiv eingestuften Arten in der gemeinsamen Liste der regulierten invasiven gebietsfremden Arten (2) aufgezeigt, wie etwa Quagga-Muscheln und die Ameisenart Tapinoma Magnum. Und obwohl sich die invasiven gebietsfremden Arten schnell ausbreiten, siedeln sie sich nicht gleichmäßig an.

Camille Gunder, Koordinatorin des Netzwerks für invasive gebietsfremde Arten Grand Est am Conservatoire d’espaces naturels (CEN, Naturschutzverband) de Lorraine. © Marie-duval - Conservatoire botanique Alsace-Lorraine
„In Lothringen ist zum Beispiel die Hems-Crassula [die, indem sie die Gewässer bedeckt, die Biodiversität stark reduziert, Anm. d. Red.] in der Meuse sehr verbreitet, aber im Département Moselle nicht bekannt“, betont Camille Gunder, Koordinatorin des Netzwerks für invasive gebietsfremde Arten Grand Est am Conservatoire d’espaces naturels (CEN, Naturschutzverband) de Lorraine.
Bürgerbeobachtungen
Auf Initiative der Dreal Grand Est übernimmt das CEN Lorraine seit 2019 die Steuerung eines regionalen Aktionsplans gegen invasive gebietsfremde Arten, der als Umsetzung der europäischen und nationalen Strategien gedacht ist. Das CEN und seine Partner haben die aufkommenden Arten kategorisiert, die im Zentrum der Zielsetzung stehen, und die Maßnahmen für rund zwanzig Pflanzenarten und ebenso viele Tierarten priorisiert. Diese regionale Strategie ermöglicht auch zu überprüfen, ob die identifizierten Prioritäten mit denen der Nachbarn übereinstimmen. „Wir könnten an Frühwarnketten arbeiten und die vorrangigen Maßnahmen harmonisieren, indem wir auf die bestehenden Kooperationen aufbauen und Ressourcen wie Interreg mobilisieren“, analysiert Sophie Ouzet. Denn die invasiven Arten, zumindest die Pflanzen, lassen sich teilweise kontrollieren.

Dr. Hans Bossler, Leiter der Biosicherheit, Störfall- und Erdbebenvorsorge im Gesundheitsdepartement Basel-Stadt. © Hans Bossler
« Die Regulierung von Neophyten ist zwar ressourcenintensiv, aber aussichtsreich. Langjährige Erfahrungen im Umgang mit invasiven Arten zeigen, dass regelmässige und kontinuierliche Bekämpfungsmassnahmen die Bestände unter Kontrolle halten oder deutlich verringern. (...) Zudem hat sich gezeigt: Je früher die invasiven Arten bereits im Rahmen der ordentlichen Pflegearbeiten reguliert werden, desto geringer bleibt der notwendige Aufwand », erklärt Dr. Hans Bossler, Leiter Biosicherheit, Störfall- und Erdbebenvorsorge
Gesundheitsdepartement Basel-Stadt.
So wurden im Unterlauf der Wiese, die in Basel in den Rhein mündet, dichte Bestände invasiver Arten erfolgreich in artenreiche Lebensräume umgewandelt. Für einen wirksamen Kampf gegen neu auftretende invasive Arten ist laut Camille Gunder die Beteiligung der Bürger entscheidend. „Prävention funktioniert am besten. Wenn wir schnell über eine Art informieren, erkennen die Menschen vor Ort diese und wir können rasch eingreifen“, erklärt die Leiterin des CEN Lorraine.
(1) Quelle IPBES Bericht zur globalen Bewertung der IPBES (2019).
(2) Verordnung (EU) 1143/2014: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/FR/TXT/PDF/?uri=CELEX%3A32014R1143
Großblütige Wasserpest (Ludwigia grandiflora). © Marie Duval - Conservatoire botanique Alsace-Lorraine