Roger Cayzelle, Präsident des Instituts der Großregion
Diskutieren und gehört werden
Der ehemalige Präsident des Wirtschafts-, Sozial- und Umweltrats von Lothringen mobilisiert das grenzüberschreitende Institut, um wirtschaftliche, gesellschaftliche und vor allem politische Debatten anzustoßen.

Zehn Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem Amt des Präsidenten des Wirtschafts- und Sozialrats von Lothringen sieht sich Roger Cayzelle nicht als Rentner. Mit 78 Jahren geht er jeden Morgen in das Bischofshaus von Metz, in die Redaktion von RCF Jerico Moselle. In seinem Büro, das er als Mausoleum bezeichnet, hat er Fotos zahlreicher Persönlichkeiten aus Lothringen aufgehängt, darunter die ehemalige CFDT-Vorsitzende Nicole Notat, der frühere Verteidigungsminister Gérard Longuet oder der verstorbene Präsident des Departementsrats Meurthe-et-Moselle Michel Dinet.
Beeinflusst von Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Überzeugungen und begeistert von grenzüberschreitenden Debatten, deren wichtigen Teilnehmer er alle kennt, verfolgt der Präsident des Instituts der Großregion (IGR) das aktuelle Geschehen und nutzt die Eindrücke als Inspiration für seine Beiträge. Moderator des „Club 57“ auf Jérico, regelmäßiger Gast in den Regionalmedien, aktiv in den sozialen Netzwerken – er ergänzt seinen vollen Terminkalender durch die Vorbereitung von Kolloquien und Besichtigungen für das IGR.
„Angesichts der ständigen Versuchung des Rückzugs bietet das IGR Gelegenheiten zur Begegnung, zum Dialog und zur Netzwerkbildung, um der Hoffnungslosigkeit entgegenzuwirken“, sagt Roger Cayzelle.
14 Jahre Präsidentschaft
Geboren in Mainz als Sohn eines französischen Soldaten und einer deutschen Mutter, ist er seit seiner Kindheit in einer grenzüberschreitenden Kultur verwurzelt, die Versöhnung lebt. Aus seiner Lehrerkarriere, die als Entwicklungshelfer in Dschibuti begann und zehn Jahre später an der angesehenen École alsacienne in Paris endete – beliebt bei der linken Elite –, hat er Geduld, pädagogisches Geschick und Durchsetzungsvermögen mitgenommen. Seine Zeit als hauptamtlicher Gewerkschafter bei der CFDT von 1989 bis 2001 bestärkte seine Leidenschaft für Dialog und Verhandlung. Als erster Gewerkschafter Frankreichs, der dieses Amt erreichte, übernahm er 2001 den Vorsitz des Wirtschafts- und Sozialrats von Lothringen (später Wirtschafts-, Sozial- und Umweltrat) und behielt ihn 14 Jahre lang. In dieser Zeit setzte er starke Impulse für eine grenzüberschreitendes Denken. „Im Jahr 2005 war unser Bericht mit dem Titel ‚Luxemburg – eine Chance für Frankreich‘ ein Meilenstein. Wir wollten den Wirtschafts- und Sozialrat zu einem Ort der Inklusion machen, Fakten schaffen und Positionen vertreten, um Lothringen in der Großregion zu verankern“, erinnert sich der engagierte Kämpfer.
Sprachlose Mandatsträger
Der ehemalige Präsident des CESE, der 2015 eine Niederlage erlitten hat, vertritt weiterhin feste Überzeugungen, die er gerne häufiger in der öffentlichen Debatte sehen würde. Besorgt über den Bevölkerungsrückgang in Lothringen sieht er in der Dynamik Luxemburgs die einzige Chance, die Attraktivität der Großregion wiederherzustellen. Die Einwanderung scheint ihm eine pragmatische Antwort auf den sich weiter verschärfenden Arbeitskräftemangel zu sein. Bestürzt über den Vormarsch der extremen Rechten, insbesondere in den Grenzgebieten, ärgert er sich über das Fehlen einer klaren politischen Debatte. „Die Armut breitet sich aus, öffentliche Einrichtungen schließen, kleine Städte erleben einen wirtschaftlichen Zusammenbruch. Der Rassemblement National äußert sich in einer ausschließlich auf Empathie basierenden Rhetorik, während die lokalen Politiker ungehört bleiben. Sie ergreifen Initiativen, aber eine Ansammlung von Initiativen macht noch keine Politik“, betont Roger Cayzelle.
Das IGR ist eine Ideenschmiede
Gegründet vor über 30 Jahren von bedeutenden Persönlichkeiten der Großregion – dem damaligen Sozialdemokraten Oskar Lafontaine (später Linke-Politiker, heute beim Bündnis Sarah Wagenknecht), damaliger Ministerpräsident des Saarlands, André Rossinot, ehemaliger Bürgermeister von Nancy, und dem Luxemburger Jean-Claude Juncker, Mitgestalter des Vertrags von Maastricht – funktionierte das IGR lange Zeit als elitärer Club. Als Roger Cayzelle 2014 den ehemaligen belgischen Premierminister Charles-Ferdinand Nothomb ablöste, versuchte er die Strukturen zu öffnen. Heute zählt das Institut über 130 Mitglieder, veranstaltet zahlreiche Podiumsdisskussionen, hochkarätige Begegnungen und Besuche vor Ort. Aus diesem Austausch von Menschen und Ideen hofft Roger Cayzelle, dass eine starke Persönlichkeit hervorgeht, deren Stimme endlich auch über Frankreichs Grenzen hinweg Gehör findet.
Roger Cayzelle, Präsident des Instituts der Großregion.© Pascale Braun.