Luxemburg - Grossregion- Europa

Das Schengener Abkommen wird 40, doch sein gerät ins Wanken

Am Samstag, dem 14. Juni, versammelten sich 18 politische und institutionelle Vertreter zunächst auf einer blumengeschmückten Tribüne auf dem Nationsplatz in Schengen und anschließend auf dem Lastkahn Marie-Astrid Europa. Sie haben ihre Verbundenheit mit dem Abkommen bekräftigt, das vor 40 Jahren die Grenzkontrollen beseitigte. Generell sind Kritik und Widerstand zu den Kontrollen in der Grenzregion noch sehr schüchtern.

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© SIP / Claude Piscitelli

Am Samstag, dem 14. Juni, inszenierte die luxemburgische Regierung eine gut geplante Veranstaltung, ganz im Stil internationaler Anlässe, um das 40‑jährige Jubiläum des Schengener Abkommens zu feiern. Die sonnige und herzliche Morgenstunde begann mit Reden auf Französisch, Deutsch und Englisch, in denen Begriffe wie Einheit, Gemeinschaft und Frieden im Mittelpunkt standen. Die 1985 eingeführte Reisefreiheit im Dreiländereck Frankreich - Deutschland- Luxemburg wurde als wertvolles Erbe gewürdigt. Die Großherzogliche Familie war bei der Zeremonie auch anwesend, sowie Henna Virkkunen, Exekutiv-Vizepräsidentin der Europäischen Kommission für Technologische Souveränität, Sicherheit und Demokratie.

Erinnerungen an Niemandsland

Auf Einladung des ehemaligen luxemburgischen Premierministers Xavier Bettel (jetzt Minister für auswärtige und europäische Angelegenheiten) sprachen die Vertreter der Gründerstaaten Europas, der späteren Mitglieder und der Kandidaten für den Schengen-Raum oft über persönliche Erinnerungen.

Sabine Verheyen, die aus Aachen stammende erste Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, erinnerte sich an das no man's land, das sie mit ihrer Familie durchquerte, um ihre belgischen Verwandten zu besuchen.

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Sabine Verheyen, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments. © CDU - Chaperon

"Wir nutzten die Gelegenheit, um Zigaretten und Kaffee zu kaufen. Auf dem Rückweg waren wir immer verdächtig und wurden ständig kontrolliert. So haben wir damals die Unfreiheit erfahren", erinnert sich die deutsche Abgeordnete.

Die Welt von gestern

Anke Rehlinger, Präsidentin des Bundesrates und Ministerpräsidentin des Saarlandes, sieht in der Freizügigkeit das Wesen des europäischen Projekts und im Schengen-Abkommen „nicht das Problem, sondern die Lösung“. Als Vertreter der ehemaligen Ostblockstaaten würdigten Tanja Fajon, Ministerin für auswärtige und europäische Angelegenheiten der Republik Slowenien, Ervin Ibrahimović, Vizepremierminister und Außenminister Montenegros, Emil Hurezeanu, Außenminister Rumäniens oder oder Nikolay Pavlov, stellvertretender Außenminister der Republik Bulgarien, die so lange ersehnte Reisefreiheit. Der Franzose Benjamin Haddad, stellvertretender Minister für Europa, zitierte den Wiener Schriftsteller Stefan Zweig, der in seiner 1943 erschienenen Autobiografie Die Welt von gestern davor warnte, dass „die jungen Generationen nie erfahren werden, was ein Europa ohne Grenzen war“.

Die Reden wurden von einigen hundert Gästen bejubelt, darunter viele Politiker der Großregion. Doch kein hochrangiger europäischer Vertreter nannte die Belästigungen, die durch die Grenzkontrollen entstehen. 

Erst vorläufige Kontrollen, jetzt permanent

Zwischen September 2024 und Februar 2025 führte die Bundespolizei an allen deutschen Grenzen im Zeitraum von 140 Tagen Kontrollen durch – mit 13 800 abgewiesenen Personen.

Allein im Mai 2025 wurden 5 571 unerlaubte Einreisen registriert, darunter 160 Asylsuchende, deren Aufenthalt untersagt wurde. Das Verwaltungsgericht Berlin erklärte diese Zurückweisungen als illegal, doch Bundeskanzler Friedrich Merz zeigt sich entschlossen, die Kontrollen fortzusetzen oder sogar zu verschärfen.

Disharmonische Stimmen

Während der Schengen-Gedenkzeremonie gab es keine öffentliche Kritik.

Jeanne Barseghian, Oberbürgermeisterin von Straßburg, und Wolfram Britz, Oberbürgermeister von Kehl, richteten sich in einem Schreiben an Brigitte Klinkert, Co-Vorsitzende des Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlungsausschusses, mit der Bitte um eine Reduzierung der Kontrollen.

Noch offensiver zeigte sich der Saarbrücker Oberbürgermeister Uwe Conradt, der sich gegen die Meinung seiner Partei wendet. Er führt eine rechtliche Überprüfung der festen Kontrollpunkte an der Grenze durch. Er verwies auf die Saarbrücker Vereinbarungen von 1984, die lediglich visuelle Stichprobenkontrollen in Einzelfällen vorsahen. 

Die Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen und Saarbrücker Gemeinderätin Jeanne Dillschneider sprach von „einem bitteren Signal“ und „überlegtenlos“ eingeführten Maßnahmen, „während sicherheitsrelevante Bereiche wie Bahnhöfe und Flughäfen vernachlässigt“ würden.

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