Drei Medien setzen sich für grenzüberschreitende Informationen ein
Die luxemburgische Nachrichtenseite Virgule feiert ihr drittes Jubiläum in Luxemburg, während Acteurs du franco-allemand sein achtes Jahr beginnt, und Grenz Echo seit fast einem Jahrhundert über die deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens berichtet. Voisins-Nachbarn wurde vor vier Jahren gegründet und bietet seinen Lesern einen Überblick über diese drei Medien, die auf eigene Weise die Notwendigkeit einer grenzüberschreitenden Presse beweisen.

Am Samstag, den 27. September, werden die Leser von Virgule durch die Innenstadt Luxemburgs nach Hinweisen suchen. Die französischsprachige Seite, herausgegeben von der belgischen Gruppe Mediahuis, feiert ihr dreijähriges Bestehen in Form einer Schatzsuche. Für den Anlass hat die luxemburgische Kommunikationsagentur Mint eine App erstellt, die die Teams beim Lösen von Rätseln führt, deren Antworten auf Virgule.lu versteckt sind. Die Gewinner teilen sich Preise im Wert von 1.500 Euro.

Mélodie Mouzon, Chefredakteurin von Virgule. DR
„Das Spiel ermöglicht es, die Stadt aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Das ist auch das Prinzip von Virgule. Wie der Name es andeutet (Virgule bedeutet Komma auf fr., Anm. d. Red.), geht es darum, Informationen anders aufzubereiten, Pausen einzulegen, bei Ereignissen anzuhalten und zusätzliche Informationen zu liefern“, betont Mélodie Mouzon, Chefredakteurin der jungen Publikation.
Der Verlag Mediahuis, der Saint‑Paul im Jahr 2021 übernommen hat, hat durch den Start von Virgule eine lange und mehrsprachige Tradition bewahrt. Die Gruppe ist nicht nur der Herausgeber des Luxemburger Worts, eine deutschsprachigen Tageszeitung, die bereits seit ihrer Gründung 1848 Artikel auf Luxemburgisch und Französisch enthält, sondern enthält auch eine englischsprachige Ausgabe, Luxembourg Times, und die portugiesische Zeitung Contacto. Das Ende der frankophonen Tageszeitung La Voix du Luxembourg im September 2011, nach zehn Jahren Erscheinungszeit, hinterließ eine Lücke, die Virgule nun füllt.
Französisch gehört zu den drei Amtssprachen des Großherzogtums, wird von 98 % der Einwohner und etwa 160.000 Grenzpendlern gesprochen, darunter 110.000 aus Lothringen und 50.000 aus der Wallonie. Mediahuis wollte nicht nur ein rein frankophones Duplikat des Luxemburger Worts werden. „2021 hat die Gruppe bei Null begonnen und ein Redaktionsteam eingestellt, das die redaktionelle Linie der Zeitung definieren sollte. Virgule richtet sich auf die Großregion, verfolgt aber auch genau Themen, die die Bewohner Luxemburgs betreffen, wie den Immobilienmarkt oder Mobilität“, so Mélodie Mouzon. Mit zehn Jahren Berufserfahrung in Belgien hat die Journalistin ein Team von elf grenzüberschreitenden Redakteuren zusammengestellt und aufgebaut, davon acht Franzosen und drei Belgier.
Virgule, das eher jüngere Leser anspricht (zwischen 25 und 45 Jahren), hat seine Themen auf Lokalnachrichten, Alltagsleben und den Einfluss großer globaler Konflikte auf Luxemburg ausgeweitet. Das Konzept funktioniert: Die Seite gibt an, eine monatliche Besucherzahl von 1,14 Millionen zu verzeichnen. Ende des Jahres wird Virgule sich mit Radio Nostalgie Luxembourg, der neuen luxemburgischen Frequenz von Mediahuis, zur Produktion gemeinsamer Podcasts zusammenschließen.
Ein Magazin für Entscheider
Im Großraum Lyon hat sich Sylvain Etaix Ende 2017 für das Abenteuer der Unabhängigkeit entschieden und Acteurs du franco‑allemand (Deutsch-französisch Wirtschaftakeure) gegründet, ein Magazin, das sich an Entscheidungsträger in beiden Ländern richtet.

Sylvain Etaix, Gründer der Acteurs du franco-allemand.© AFA
„Es gab kein zu 100 % geschäftsorientiertes und unabhängiges deutsch-französisches Medium, obwohl die beiden Volkswirtschaften eng verbunden sind. Also habe ich mich entschieden, eine Nachrichtenseite zu schaffen, die die Stimme der Wirtschaft trägt und eine unglaubliche Dynamik widerspiegelt – besonders im Bereich der Innovation“, erklärt Sylvain Etaix.
Nach Studien an Sciences Po, Erasmus in Trier und einer Journalistenschule in Tours, hat der Leiter in sieben Jahren über 75 digitale Monatsausgaben und 18 Sonderausgaben herausgegeben. Die langen Beiträge von Führungspersonen aus beiden Ländern, strategische Berichte über das Wirtschaftsleben in kurzen Formaten und die Mischung aus Französisch und Deutsch in den Artikeln kennzeichnen die Publikation. Das Motto lautet: „Um die Franzosen zu verstehen, muss man sie lieben. Um die Deutschen zu lieben, muss man sie verstehen“. Das Zitat stammt vom deutschen Journalisten Kurt Tucholsky, der in den 1920er Jahren gegen den Nationalsozialismus kämpfte.
In diesem Nischenmarkt erreicht Acteurs du franco‑allemand über 70.000 Leser, darunter Entscheidungsträger und Studierende mit deutsch‑französischen Doppelabschlüssen. Letztere dürfen sich seit Kurzem kostenfrei abonnieren. Das Magazin gibt an, bereits im zweiten Jahr rentabel zu sein. Seit 2022 ergänzen regionale Informationen das redaktionelle Angebot. Nach Ausgaben, die Südfrankreich, Okzitanien, Grand Est und Île‑de‑France gewidmet waren, wird eine Sondernummer den Kongress der französisch‑deutschen Wirtschaftsklubs begleiten, der vom 25. bis 27. September in Hamburg stattfindet. Für November ist eine Ausgabe über Baden‑Württemberg geplant. Dieses Supplement wird vom Land beauftragt und in Zusammenarbeit mit dem Französischen Konsulat in Stuttgart und dem deutsch-französischen Wirtschaftsklub Baden‑Württemberg realisiert.
Ein frank deutsches Beratungsgremium
In den letzten drei Jahren ging es den deutsch‑französische Beziehungen mal gut, mzal schlecht. Doch die Annäherungen zwischen Emmanuel Macron und Friedrich Merz scheinen vielversprechend zu sein. Die Agenden der beiden Regierungschefs stimmen heute über die großen Themen überein: Verteidigung, Energie, Zollkrieg mit den USA, KI, europäischer Kapitalmarkt oder auch die Wiederbelebung von Investitionen in Europa.
„Die deutsch-französischen Beziehungen sind nach wie vor von Gegensätzen geprägt, die jedoch oft zu einer Annäherung führen, da Frankreich und Deutschland keine andere Wahl haben. Es besteht dringender Handlungsbedarf, und das Bewusstsein dafür wird sich beschleunigen“, glaubt Sylvain Etaix, der ein deutsch-französisches Beratungsgremium (advisory board) gegründet hat. Ein Komitee aus Experten zu deutsch‑französischen Themen und Medien soll es ermöglichen, die Redaktionslinie des Magazins zu erweitern.
Zurzeit deckt ein Netzwerk von fünf Journalisten, aus Frankreich und Deutschland, die großen Themen der bilateralen Politik ab. Eine Spendenplattform wird in den nächsten Wochen geöffnet, um das Team zu stärken und mehr Formate einzuführen. „Im Zeitalter organisierter Desinformation durch die Big Tech, verstärkt durch KI, und der Einmischung fremder Mächte in unsere Demokratien wird die professioneller Journalisten immer wichtiger. Sie müssen weiter vor Ort sein. Die Existenz unabhängiger Medien ist sehr wichtig“, meint Sylvain Etaix. Der Journalist, der sich selbst als „bescheidener Handwerker der deutsch‑französischen Freundschaft und leidenschaftlicher Verteidiger der Demokratie“ sieht, hofft, dass die jungen Generationen die Möglichkeit behalten, in einer freien und friedlichen Welt zu reisen und sich zu informieren.
Grenz-Echo, die fast hundertjährige Zeitung
Man kann fast ein Jahrhundert alt sein und trotzdem mit der Zeit gehen! Grenz-Echo wurde 1927 in Eupen gegründet und zählt 50.000 Leser pro Tag, die meisten davon Online. Auf Papier werden täglich 3.500 Exemplare gedruckt. Die einzige deutschsprachige Zeitung Belgiens, wie auch der Grenz-Echo Verlag und Radio Contact NOW gehören zur Grenz-Echo AG, einer Aktiengesellschaft, die mehrheitlich zur Brüsseler Rossel-Gruppe gehört. Grenz-Echo erscheint in deutscher Sprache und liegt nahe der deutschen, luxemburgischen und niederländischen Grenze. Sein Verbreitungsgebiet umfasst die französischsprachigen Regionen Belgiens wie Wallonien und Brüssel, aber auch den Norden Luxemburgs und die Region Aachen. Die Redaktion der Tageszeitung unter der Leitung von Christian Schmitz besteht aus 17 Journalisten, die sich auf lokale und regionale Nachrichten konzentrieren.
© André Faber