Ryanair stellt sich gegen nationale Flugsteuern
Als größte Fluggesellschaft Europas positioniert sich Ryanair je nach Entwicklung der nationalen Steuern. Saarbrücken, für die Airline kostengünstiger, erhält neue Verbindungen, während Straßburg, wo die Ticketsteuer steigt, zwei Strecken verliert.

Mit mehr als 230 Reisezielen in ganz Europa kann Ryanair frei entscheiden, in welchen Flughäfen sie sich niederlässt – und orientiert sich dabei zunehmend an den steuerlichen Rahmenbedingungen der einzelnen Länder. Die jüngsten Entscheidungen der irischen Billigfluggesellschaft führen dazu, dass sie kleine französische Flughäfen und große deutsche Flughäfen meidet - auch in der Großregion und am Oberrhein.
Ryanair kommt ins Saarland
Die Billigfluggesellschaft wird ab März 2026 in Saarbrücken starten. Drei neue Direktverbindungen wurden angekündigt – nach Trapani auf Sizilien, Lamezia Terme in Kalabrien und Alicante an der Costa Blanca. Ryanair wird damit die erste Airline sein, die in Saarbrücken Einzeltickets verkauft; bisher erfolgte der Vertrieb fast ausschließlich über Pauschalanbieter.
„Die neuen Ryanair-Verbindungen erhöhen die Sommerattraktivität des Flughafens Saarbrücken deutlich für ein junges Publikum. Die drei Urlaubsdestinationen – die bisher nur über längere Wege nach Frankfurt oder zu anderen Flughäfen erreichbar waren – können nun bequem ab Saarbrücken angeflogen werden“, erklärte die saarländische Verkehrsministerin Petra Berg im Anschluss an die Bekanntgabe im September.
Deutschland gilt als zu teuer
Die Wahl fiel nicht zufällig auf Saarbrücken. Am 24. September begleitete Ryanair die Ankündigung mit scharfer Kritik an der Bundesregierung: „Die mangelnde Bereitschaft der deutschen Bundesregierung, diese hohen Zugangskosten zu senken (trotz entsprechender Zusage im Koalitionsvertrag), hat Deutschland zu einem der am wenigsten wettbewerbsfähigen und teuersten Luftverkehrsmärkte Europas gemacht, mit lediglich 86 % Erholung des Luftverkehrsaufkommens nach COVID“, heißt es in der Mitteilung.
Zu diesen Zugangskosten gehören staatliche Abgaben, Flughafengebühren und Kosten für die Flugsicherung. Diese sind an großen nationalen Flughäfen deutlich höher als an regionalen Infrastrukturen. Laut dem Flughafenverband ADV lagen die Gebühren für einen Airbus A320 in Berlin im Jahr 2024 durchschnittlich 2,7-mal über dem Niveau vergleichbarer europäischer Großflughäfen. Kleine Standorte wie Saarbrücken können ihre Gebühren dank lokaler Förderungen senken, um Fluggesellschaften anzuziehen. Am 15. Oktober kündigte Ryanair schließlich an, rund 800 000 Sitzplätze an etwa zehn großen deutschen Flughäfen zu streichen.
„Wir freuen uns sehr, den Start unserer Flüge nach Saarbrücken bekanntzugeben. Durch unser Wachstum an Regionalflughäfen mit wettbewerbsfähigen Kosten wie Saarbrücken können wir die enorm hohen Zugangskosten der großen deutschen Flughäfen vermeiden. Das ermöglicht es uns, die Ticketpreise niedrig zu halten und unseren Passagieren mehr Auswahl zu bieten“, erklärte Marcel Pouchain Meyer, Kommunikationsdirektor für den deutschsprachigen Raum bei Ryanair.
Straßburg verliert Verbindungen
Am 30. Juli kündigte Ryanair ihren Rückzug von drei französischen Regionalflughäfen an: Bergerac, Brive und Straßburg. Das entspricht einem Kapazitätsrückgang von 13 % auf dem französischen Markt. In Straßburg werden die beiden Linien nach Porto und Agadir gestrichen – sie waren erst 2022 eingeführt worden. Der spanische Billigflieger Volotea übernimmt diese Strecken und hält nun rund zwei Drittel aller Flüge ab Straßburg-Entzheim.
Ryanair begründet den Rückzug mit der Erhöhung der französischen Luftverkehrssteuer (TSBA). Diese wurde im Februar 2025 im Rahmen des Staatshaushalts beschlossen und steigt von 2,63 € auf 7,30 € für jedes Ticket in der Economy-Class auf innereuropäischen Flügen. Eine nahezu Verdreifachung der Fixkosten, die das Geschäftsmodell der Billigfluggesellschaften empfindlich trifft. „Es wird Städte geben, die wir weniger oder gar nicht mehr anfliegen werden“, sagte auch Bertrand Godinot, Geschäftsführer von EasyJet France, am 17. Oktober im Interview mit France Inter.
Belgien im Visier
Auch in Belgien sorgt Ryanair für Wirbel. Im Juli beschloss die föderale Regierung unter Bart De Wever (N-VA) eine Erhöhung der Abflugsteuer. Sie lag bisher zwischen 2 € und 4 € für Strecken bis 500 Kilometer und steigt nun auf 5 €.
Ende August reiste Ryanair-Chef Michael O’Leary persönlich nach Brüssel, um gegen die nationale Steuerpolitik zu protestieren:
„Schaffen Sie diese Steuer ab, geben Sie die Einsparungen an Verbraucher und Touristen weiter, die nach Belgien kommen – und wir werden hier wieder wachsen und investieren. Das ist keine Drohung, sondern ein Anreiz.“
In diesem Jahr wird Ryanair voraussichtlich 9,8 Millionen Passagiere befördern und 79 % aller Flüge ab Charleroi durchführen – im Vergleich zu 1,2 Millionen Passagieren am Flughafen Brüssel-Zaventem, der stärker auf klassische Linienflüge als auf den Billigmarkt ausgerichtet ist.
© André Faber.