Was sagen die ersten Erfahrungsberichte zur Agri-Photovoltaik am Oberrhein?
Agri-Photovoltaikanlagen können die Kulturen schützen und gleichzeitig kohlenstoffarme Energie erzeugen. Mitte Oktober wurden an der Hochschule Kehl die Ergebnisse der ersten Agri-Photovoltaik-Installationen im Oberrheingebiet vorgestellt.

Für Agri-Photovoltaikanlagen zeigen sich im Rheingebiet bereits vielversprechende erste Ansätze. Die kürzlich verabschiedete Klima- und Energiestrategie der Oberrheinkonferenz (ORK) enthält 5 Prioritäten, darunter die Entwicklung der Photovoltaik und der Agri-Photovoltaik. Das Regierungspräsidium Freiburg, die Europäische Gebietskörperschaft Elsass (Collectivité européenne d'Alsace) und der grenzüberschreitende Verein Trion-Climate organisierten am Dienstag, den 14. Oktober, an der Hochschule Kehl einen Austausch über erste Erfahrungsberichte und wissenschaftliche Ergebnisse.
Landwirtschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Vorteile
Während in den letzten Jahren immer mehr Solarmodule auf den Dächern landwirtschaftlicher Gebäude installiert werden, steckt die Agri-Photovoltaik noch in der Startphase. Neben der Erzeugung von kohlenstoffarmem Strom stellt dieses Konzept eine zusätzliche Einkommensquelle für die Landwirte dar, ohne dabei Ackerflächen zu beanspruchen. Bei bestimmten Kulturarten, wie Obstgärten, Weinbergen oder Beerenpflanzen, schützen die Anlagen die Pflanzen vor Frost, Hagel oder starker Sonneneinstrahlung und tragen so zur Produktionsoptimierung bei. Umgekehrt tragen die Pflanzen bei großer Hitze dazu bei, die Photovoltaikanlagen zu kühlen.

Vulla Parasote-Matziri, Geschäftsführerin von Trion-Climate. © TRION-climate e.V.
„Unsere Oberrheingebiete stehen alle vor ähnlichen Herausforderungen, bei denen die Photovoltaik einen gemeinsamen Lösungsansatz darstellt. Das Hauptziel dieses Austauschtages besteht darin, die Akteure der Agri-Photovoltaik zu identifizieren und miteinander in Kontakt zu bringen. Es gibt bereits mehrere Forschungsprojekte und ein großes Kooperationspotenzial“, erklärte Vulla Parasote-Matziri, Geschäftsführerin von Trion-Climate.
Baden-Württemberg als Vorreiter der Agri-Photovoltaik
Baden-Württemberg gilt in diesem Bereich als Vorreiter. Oliver Hörnle vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) stellte das 2022 gestartete Forschungsprogramm „Modellregion Agri-Photovoltaik“ vor. Das Projekt untersucht eine Reihe von Pilotanlagen mit einer Gesamtleistung von 1.700 kWp, verteilt auf fünf Standorte im Land. Wie jede neue Technologie stellt auch die Agri-Photovoltaik bestehende Rahmenbedingungen in Frage. Juristinnen und Juristen des Regierungspräsidiums erläuterten daher die aktuelle Gesetzgebung zur Agri-Photovoltaik in Deutschland und in Baden-Württemberg, die kürzlich angepasst wurde. Die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) präsentierte ihren neuen Online-Energieatlas, der es ermöglicht, das Potenzial einzelner Flurstücke zu bewerten. Greta Ott vom Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) kommentierte die agronomischen Ergebnisse der Obstbaufarm Vollmer, einer der Pilotanlagen des Programms Modellregion Agri-Photovoltaik Baden-Württemberg, die die Teilnehmenden der Veranstaltung anschließend besichtigen konnten.

Ein Teil der Teilnehmenden besichtigte den Obstbaubetrieb Vollmer in Oberkirch, eine der Pilotanlagen des Programms Modellregion Agri-Photovoltaik Baden-Württemberg. © TRION-climate e.V.
Klare Vorteile
Die Erfahrungsberichte von Landwirten und Projektträgern aus Baden-Württemberg, dem Elsass und der Schweiz wurden geteilt. Die Gespräche konzentrierten sich auf die technischen Anforderungen und Herausforderungen der Projekte, ihre Akzeptanz, sowie auf administrative Hürden. Die Teilnehmenden sind sich über die festgestellten Vorteile der Agri-Photovoltaik einig.
„Frankreich sollte sich stärker an der Schweiz und Deutschland orientieren, die pragmatischer vorgehen, und das Oberrheingebiet könnte mehr Experimente wagen. Agri-Photovoltaik-Anlagen sind reversibel. Lasst uns mehr Tests durchführen und mutiger sein“, wünschte sich Julie Venant von der Firma BayWa r.e, die eine Anlage präsentierte, die ein Himbeerfeld in Brumath (Elsass) abdeckt.
Auf der Suche nach Rentabilität
Die Frage der Rentabilität von Agri-Photovoltaik-Anlagen wurde immer wieder aufgeworfen. Der Begriff ist jedoch schwer zu fassen, da Photovoltaikanlagen eine entscheidende Rolle beim Schutz der Kulturen bei extremen Wetterereignissen wie Frost oder Hagel spielen können.
„Die zentrale Frage der Agri-Photovoltaik ist ihre Akzeptanz, um anschließend ihre Rentabilität prüfen und unsere regionale Wirtschaft stärken zu können. Es muss ausreichend große Anlagen geben, um gute Ergebnisse zu erzielen“, betonte Michael Krumm, Leiter des Referats für Landwirtschaft, ländlichen Raum, Veterinärwesen und Ernährung beim Regierungspräsidium Freiburg.
Interreg für den Weinbau
„Wir haben noch nicht viel Erfahrung mit Agri-Photovoltaik, aber die Rolle, die sie bei der Anpassung an den Klimawandel spielen kann, iqt groß. Ideal wäre es, sie in kofinanzierte Projekte zu integrieren“, erklärte Vulla Parasote-Matziri, Geschäftsführerin von Trion-Climate. Ein erstes Interreg-Projekt soll Anfang 2026 starten. Unter der Leitung des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum Rheinpfalz – Weincampus Neustadt will das Projekt „Agri-Photovoltaik im Weinbau“ praxisorientierte Leitfäden erstellen, um Winzer und Investoren in diesem Sektor zu begleiten.
Ein Podiumsdikussion brachte Landwirte und Projektträger aus den drei Ländern zusammen.© TRION-climate e.V.