MOSAR - eine Kooperation, die Leben rettet
Das MOSAR-Abkommen hat die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern nahe der deutsch-französischen Grenze ermöglicht. Es umfasst mittlerweile die Bereiche Kardiologie, Neurochirurgie, Behandlung von Polytraumata und Nuklearmedizin. Die Zusammenarbeit im Bereich Kardiologie legte die Grundlage für diese wegweisende Vereinbarung.

Es ist 11:30 Uhr an einem sonnigen Freitag in Folkling, nahe der deutschen Grenze. Pierre spürt plötzlich einen heftigen Schmerz in der Brust. Er selbst kann die Situation noch nicht richtig einschätzen, seine Schwester schon. Sie wählt sofort die Notrufnummer. Der Krankenwagen kommt schnell und bringt Pierre schnell in die Notaufnahme von Forbach. Um 12:30 Uhr stellt die Notärztin einen schweren Vorderwandsinfarkt fest. Jede Sekunde zählt. Sie ruft die Kardiologie der SHG-Klinik Völklingen an, wo Pierre kurz darauf um 13:00 Uhr ankommt. Dort muss er sofort im Katheterlabor behandelt werden, um seine verstopfte Arterie wieder zu öffnen. Um 13:14 Uhr beginnt der Eingriff; um 13:31 Uhr ist der Stent gesetzt. Pierres Herz kann wieder normal schlagen.
Das ist eine fiktive Geschichte, aber sie spiegelt viele echte Notfälle wider, die in Völklingen behandelt wurden. Wäre Pierre nach Metz transportiert worden, hätte die Geschichte vielleicht übel enden können.

Katrin Mertens, Beauftragte für internationale Angelegenheiten und grenzüberschreitende Zusammenarbeit.
"Früher, vor unserer Zusammenarbeit, sind die Patienten, die in Saargemünd einen Infarkt erlitten hatten, erst nach Forbach oder Saargemünd gebracht worden und von dort aus nach Metz, manchmal sogar nach Straßburg oder Colmar”, erzählt Karin Mertens, Beauftragte für internationale Angelegenheiten und grenzüberschreitende Zusammenarbeit.
Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit vor dem MOSAR-Abkommen
MOSAR setzt sich aus "Moselle" und "Sarre" zusammen. Das MOSAR-Abkommen regelt die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in mehreren medizinischen Bereichen. Aktuell arbeiten deutsche und französische Krankenhäuser in den Bereichen Kardiologie, Neurochirurgie (einschließlich dem Bereich Polytrauma) und Nuklearmedizin zusammen. Die Zusammenarbeit in der Kardiologie begann bereits vor der offiziellen Unterzeichnung des Abkommens. Schon 2013 hatten das französische Krankenhaus CHIC UNISANTÉ+ und die SHG-Kliniken in Völklingen begonnen, sich gegenseitig zu unterstützen. 2019 wurde das MOSAR-Abkommen formell unterzeichnet, die bestehende Zusammenarbeit wurde mit einem Zusatzartikel aufgenommen.
Im September letzten Jahres wurde das Abkommen weiter ausgedehnt: Nun können Patienten des Klinikum Saarbrücken und der SHG-Kliniken in Völklingen Nuklearmedizinische Untersuchungen im Robert-Pax-Krankenhaus in Saargemünd in Anspruch nehmen. Eine Zusammenarbeit im Bereich Schlaganfall ist auch schon in Planung.
Der tausendste französische Patient
Dr. Gatto, Leiter der Kardiologie der SHG-Klinik in Völklingen, hat im Juni den tausendsten französischen Notfall-Patienten behandelt. Er erklärt, warum die Schnelligkeit des Eingriffs so entscheidend ist:

Dr. med. Fernando Gatto, Chefarzt der Kardiologie im SHG-Klinikum Völklingen. © Julien Bauer.
“In Frankreich ist die nächstgelegene Klinik in Metz. Bei Herzpatienten heißt es: Jede Minute zählt. Allein der Transport nach Metz führt zu einer Verzögerung von etwa einer halben Stunde bis vierzig Minuten. Wir sind dagegen hier sehr grenznah. Sie rufen bei uns an und sind innerhalb von zehn bis fünfzehn Minuten da. Und tagsüber kann der Patient in 90 Prozent der Fälle direkt ins Herzkatheterlabor, dort warten dann schon die Kollegen auf ihn. Das ist der Gedanken Europas. In der Gesundheitsversorgung sagt man: Es gibt keine Grenzen, es geht nur um die Behandlung des Herzinfarkts.”
Im Fall von Pierre verging nur eine Stunde zwischen der Diagnose und dem Beginn der Behandlung in Völklingen, also etwa 80 Minuten nach den ersten Schmerzen.
Verbesserungsmöglichkeiten und Zukunftswünsche

Dr. Magnus Jung, Saarländischer Minister für Arbeit, Soziales, Frauen und Gesundheit © MASFG/Iris Maurer
“Das ist ein enormer Zeitvorteil – gerade bei Herzinfarkten zählt jede Minute. Getreu dem Leitsatz ‚time is muscle‘ kann so die Behandlung früher beginnen, was nachweislich zu besseren medizinischen Ergebnissen führt. Ein weiterer zentraler Bestandteil der Zusammenarbeit ist die Vernetzung der Fachkräfte über die Grenze hinweg. Der regelmäßige Austausch von Best Practices trägt wesentlich dazu bei, die Versorgungsqualität auf beiden Seiten zu verbessern”, freut sich Dr. Magnus Jung, Minister für Gesundheit des Saarlandes.
Ein Fazit, das auch Dr. Gatto teilt. Allerdings seien Verbesserungen notwendig. Er wünscht sich für die Zukunft, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mehr gelebt wird.
Er nennt das Beispiel eines französischen Patienten, der in Völklingen behandelt wurde. Das Team stellte fest, dass eine Herztransplantation nötig ist, eine Behandlung, die in Nancy, aber nicht in Völklingen durchgeführt werden kann. Doch das Intensivmobil aus Saarbrücken, das für den Transport notwendig wäre, hat nicht die Genehmigung, die Strecke bis nach Nancy zu fahren.
Die Sprachbarriere ist kein Problem
Alle medizinischen Mitarbeiter haben Sprachkurse angeboten bekommen, obwohl die meisten französischen Patienten auch Deutsch sprechen, betont Dr. Gatto. Sprachliche Barrieren sind selten: Kommunikation bleibt der Schlüssel zum Erfolg.
“Die Patienten können direkt mit dem Rettungsdienst hierherkommen. In anderen Fällen kommen sie zunächst in die örtliche Notaufnahme, bevor der Transfer organisiert wird. Wir haben dafür extra eine Handynummer, die nur für diese französischen Patienten da ist. Sie ist jederzeit erreichbar, 24/7 - auch am Wochenende. Die Klinik ruft hier an, am anderen Ende ist dann ein französischsprachiger Kollege, der alle wichtigen Informationen entgegennimmt und den Kollegen Bescheid gibt.”
Karin Mertens erinnert auch an die Partnerschaft mit der Krankenpflegeschule in Saargemünd, die regelmäßig Praktikanten nach Völklingen entsendet. „Es ist also immer jemand da, der perfekt Französisch spricht. Zudem wird der medizinische Bericht stets auch in französischer Sprache übermittelt."
Abschließend hebt der saarländische Gesundheitsminister auch die Gegenseitigkeit der Partnerschaft hervor und nennt das Beispiel der Zusammenarbeit in der Nuklearmedizin: „Die Patienten der SHG-Kliniken in Völklingen und des Klinikums Saarbrücken profitieren von sofortigem Zugang zu den nuklearmedizinischen Leistungen des benachbarten Krankenhauses in Saargemünd.“

SHG-Klinik Völklingen © Julien Bauer
Katheterlabor im SHG-Klinikum Völklingen © Julien Bauer