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Hat die Fußball-Europameisterschaft das Ende des Schengen-Abkommens eingeläutet?

Vielleicht. Unter Berufung auf die Terrorgefahr - und den Sirenen der extremen Rechten nachgebend - kündigt die deutsche Bundesregierung an, für einen Zeitraum von sechs Monaten wieder polizeiliche Grenzkontrollen einzuführen. Diese Maßnahme, die mit peinlichem Schweigen aufgenommen wurde, stellt eine klare Abkehr von der seit fast 40 Jahren propagierten innereuropäischen Freizügigkeit dar.

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Vom 14. Juni bis zum 14. Juli wurden die Grenzkontrollen im Schengen-Raum während der Fußball-Europameisterschaft wieder eingeführt. Deutschland als Gastgeber der Fußball-Europameisterschaft führte vor allem die Gefahr des Hooliganismus als Grund für die Kontrolle des grenzüberschreitenden Reiseverkehrs mit allen Verkehrsmitteln an. Von Mitte August bis Anfang September führten die Olympischen und Paralympischen Spiele in Paris unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung zu weiteren Kontrollen.

Sobald die sportliche Euphorie verflogen war, berief sich das Bundesinnenministerium am 9. September auf die irreguläre Einwanderung und die innere Sicherheit, um sechs Monate lang stichprobenartige Kontrollen an den Landgrenzen zu Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Belgien und Dänemark einzuführen. Diesmal ist die Bekämpfung der illegalen Einwanderung das Leitmotiv.

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Bundesinnenministerin Nancy Faeser © Bundesregierung.

„Wir stärken die innere Sicherheit und setzen unseren Kampf gegen illegale Einwanderung fort, bis wir mit dem neuen gemeinsamen europäischen Asylsystem und anderen Maßnahmen einen starken Schutz der Außengrenzen der Europäischen Union erreicht haben (...) Das dient auch dazu, uns vor den Gefahren des islamistischen Terrorismus und der schweren grenzüberschreitenden Kriminalität zu schützen. Wir tun alles, um die Menschen in unserem Land vor diesen Bedrohungen zu schützen“, begründete Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Grenzkontrollen.

Die Messerattacke in Soligen (Nordrhein-Westfalen) des 29. August, zu der sich der Islamische Staat bekannte, gefolgt von einem starken Durchbruch der rechtsextremen AFD bei den Wahlen in Thüringen und Sachsen Anfang September, spielten sicherlich eine Rolle bei dieser historischen Entscheidung, die Deutschland der Europäischen Kommission mitgeteilt hat. Die „stationären und mobilen grenzpolizeilichen Maßnahmen einschließlich der Möglichkeit der Zurückweisung“ sollen ab dem 16. September eingeführt werden.

Schlechte Erinnerungen

Im deutsch-französischen Grenzraum, insbesondere an der saarländisch-lothringischen Grenze, weckt die Maßnahme schlechte Erinnerungen an die Gesundheitskrise von 2020.  Im Grenzraum haben die Einwohner die Risse nicht vergessen, die durch die Schließung der Grenzen verursacht wurden, mit dem Gefolge von getrennten Familien, ausgebuhten Grenzgängern und diskriminierten grenzüberschreitenden Arbeitnehmern. Zwar kündigt die Pressemitteilung des Bundes nicht die Schließung der Grenzen an. Aber die Rückkehr der Kontrollen erinnert die Älteren an die sorgfältigen Zollkontrollen, die mit verschiedenen Schikanen verbunden waren und die bis zum Abkommen über die Freizügigkeit, das 1985 im luxemburgischen Dorf Schengen unterzeichnet wurde, das Los der Grenzgänger waren.

Der saarländische Innenminister Reinhold Jost ist sich der möglichen Spannungen im Grenzraum bewusst und möchte seine Nachbarn beruhigen.

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Saarländischer Innenminister Reinhold Jost. © Landtag Saarland.

„Die saarländische Regierung behält sich das Recht vor, mögliche Einschränkungen für die Bürger des Saarlandes und der Grenzregion kritisch zu prüfen. Die Maßnahmen der Bundesregierung sollten für den kürzesten möglichen Zeitraum gelten, um die engen Verbindungen des Saarlandes zu seinen Nachbarn in Frankreich und Luxemburg zu schützen“, versichert der Minister in einer Pressemitteilung.

Reinhold Jost versichert, dass das Bundesland keine absolute Grenzschließung wie während der Covid-Zeit akzeptieren wird, sondern meint, dass „die Sicherheit in Deutschland vor Gewalt und Terrorismus das Wichtigste ist. Wo es notwendig ist, Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu ergreifen, wird die Landesregierung immer ihre Unterstützung anbieten“.

Grenzüberschreitendes Balancieren

Gilbert Schuh, Vizepräsident des Eurodistrikts SaarMoselle und Vizepräsident des Departementsrats des Departements Moselle, geht mit derselben Vorsicht vor.

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Gilbert Schuh, Vizepräsident des Departementsrats Moselle. © Eurodepartement Moselle.

„Angesichts heikler Situationen reagieren die Staaten immer mit Grenzkontrollen. Ich kann diese Maßnahmen verstehen, aber ich rufe zu einer gewissen Toleranz im Grenzraum auf, um den reibungslosen Verkehr der Bürger im Eurodistrikt zu berücksichtigen“, gibt der Abgeordnete an.

Philippe Krämer, Professor für französische Linguistik an der Universität Brüssel, ist deutlich schlagkräftiger und weist auf den potenziellen Schaden hin, den Polizeikontrollen an den Grenzen für die vom Saarland propagierte Frankreichstrategie verursachen könnten.

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Philippe Kramer. © Freie Universität Brüssel, frankphon.

„Diese Maßnahme widerspricht allen seit langem in der Großregion gepflegten Zielen der guten Nachbarschaft und der kürzlich von der Landesregierung verabschiedeten Europäischen Charta. Nur durch einen unkomplizierten Kontakt über die Grenze hinweg können Sprach- und Kulturkenntnisse sowie persönliche Bindungen aufgebaut werden“, meint der Wissenschaftler.

Nicht nur der Akademiker hofft auf eine unmissverständliche Botschaft, die nach den Prinzipien des freien Handels, der ungehinderten Bewegung und des gegenseitigen Vertrauens ruft. Nur politischer und bürgerlicher Mut ist in der Lage, den negativen Einflüssen des Jeder-ist-für-sich-selbst entgegenzuwirken.

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