Die Petruss Kasematten bieten eine spannende Zeitreise durch die luxemburgische Geschichte
Ein weniger bekannter Teil des UNESCO-Welterbes der Altstadt kann aktuell mit einer besonderen Führung erkundet werden. In der ehemalige Militäranlage kann man viel über die Geschichte der Kasematten lernen. Zum Beispiel, wie sie sich von einer Verteidigungsstellung zu einem Ort wirtschaftlicher, festlicher und heute touristischer Nutzung gewandelt haben.

Um an den Erfolg der Ausstellung „Luxembourg Urban Garden“ anzuknüpfen, die noch bis zum 18. Oktober zu sehen ist, lädt die luxemburgische Hauptstadt zu einem besonderen Angebot ein: Zwei Besichtigungen der unterirdischen Kasematten zum Preis von einer. Mit nur einem Ticket lassen sich sowohl der Aquatunnel, ein 900 Meter langer Kanal, in dem die schottische Künstlerin Susan Philipsz das immersive Spektakel „A Lower World“ inszeniert hat, als auch die Petruss Kasematten erkunden.
Ein 450 Meter langes Teilstück der unter dem Place de la Constitution gelegenen Festungsanlage wurde erst 2023 für die Öffentlichkeit geöffnet. In den Tiefen des Felsens führt eine 45-minütige Tour durch dreieinhalb Jahrhunderte großherzoglicher Geschichte: von den Anfängen der Kasematten im 17. Jahrhundert bis zur Aufnahme der gesamten Festungsanlagen und der Altstadt in die UNESCO-Welterbeliste im Jahr 1994.
Die Kasematten gehörten schon vielen Herrschern
Die Petruss Kasematten zeugen von den turbulenten Ereignissen des späten 17. Jahrhunderts, einer Zeit europäischer Rivalitäten. 1678 begannen die Spanier mit den ersten Grabungen um eine Festung zu errichten. Das spätere Großherzogtum war mithilfe von Heiratspolitik Teil des spanischen Habsburgerreichs geworden. Die unterirdische Anlage sollte das Ravelin du Pâté verstärken, eine oberirdische Befestigung, die größtenteils bis heute erhalten ist.
1684 eroberten die Truppen von Ludwig XIV. die Stadt, und Luxemburg fiel an Frankreich. Der König beauftragte Vauban mit dem Ausbau der Altstadtbefestigungen, musste das Gebiet aber noch nach dem Frieden von Rijswijk (1697) an Spanien zurückgeben. Fünfzehn Jahre später fiel Luxemburg unter die Herrschaft der österreichischen Habsburger.
Eine Bastion, um die nie gekämpft wurde
Luxemburgische und österreichische Bergleute setzten den Bau der unterirdischen Festung zwischen 1728 und 1746 fort. Bei Kerzen-, Pech- oder Talglicht wurden 131 Stufen in das Petruss-Tal hineingeschlagen. Noch heute sind die Spuren der Sprengladungen sichtbar, die dafür nötig waren.
Die Petruss-Batterie wurde errichtet, um Kanonen zu lagern und Angreifer aufzuhalten, die in den Hauptgang eindringen würden. Die Kasematten wurden jedoch nie in der Schlacht eingesetzt. Ihre militärische Nutzung endete 1867 mit dem Londoner Vertrag, der ihre Demontage anordnete.

Aus dem Jahr 1834 stammt die einzige historische Kanone in den Kasematten, die restauriert wurde. © Binsfeld
Pilze und Champagner
Eine Szenografieaus München projiziert Erzählungen in vier Sprachen direkt in die Galerie: Die Felsen erzählen von den vielfältigen Aktivitäten, die hier stattfanden. Bereits ab 1871 beherbergten die entmilitarisierten Kasematten die Schießstände eines Schützenvereins, später wurden dort Pilze gezüchtet. Anfang des 20. Jahrhunderts fanden Flohmärkte und Konzerte in den Bierkellern statt. Die Champagnerkellerei Mercier nutzte die Gänge als Lager für ihre Flaschen.
Während der Bombardierungen in den beiden Weltkriegen dienten die Festungsanlagen als unterirdische Schutzräume, in denen zehntausende Zivilisten Zuflucht fanden. In den 1960er-Jahren kehrte das Leben zurück: Die Kasematten wurden zu einem unterirdischen Theater, in dem Stücke von Sartre, Ionesco oder Beckett aufgeführt wurden.
Nach mehrjähriger Schließung aus Sicherheitsgründen sind die Petruss Kasematten seit 2023 nach einer umfassenden fünfjährigen Restaurierung wieder für Besucher zugänglich. Weniger bekannt als die Bock-Kasematten, der Hauptattraktion Luxemburg-Stadts, bieten sie dennoch eine fesselnde Besichtigung, die tief in die militärische Geschichte der Stadt eintauchen lässt – und das in einem einzigartigen Ambiente.
Dauer der beiden Besichtigungen: 2 Stunden. Preis für Erwachsene: 22 Euro.
© Binsfeld