Oberrhein

"Eucor will von der Kooperation zur akademischen Integration übergehen"

Bernd Finger, neuer Leiter des Sekretariats des Europäischen Campus am Oberrhein Eucor

Die Ernennung von Bernd Finger zum Direktor des Eucor-Sekretariats fällt mit der Einführung der neuen "Strategie 2030" des grenzüberschreitenden Campus zusammen. Diese will die Universitätsgemeinschaft stärken und Eucor näher an die Wirtschaftsakteure und die Bevölkerung heranführen.

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Bernd Finger, neuer Leiter des Sekretariats des Europäischen Campus am Oberrhein Eucor. © Sandra Meyndt

Bernd Finger, Sie waren zuvor stellvertretender Leiter des Sekretariats von Eucor*. Hat die Strategie, die nach der rechtlichen Geburt des Campus im Jahr 2015 eingeführt wurde, Früchte getragen?

Der 1989 gegründete Campus hat eine lange Geschichte. Im Jahr 2015 erhielt er eine rechtliche Existenz in Form eines Europäischen Verbunds für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ), was ein Novum war. Die Frage, die sich damals stellte, lautete: "Wird Eucor mehr Schwung und eine bessere Handlungsfähigkeit erhalten?" Die Antwort war positiv. Ich trat 2020 in Eucor ein. Als stellvertretender Leiter des Sekretariats arbeitete ich an der Berichterstattung über die Umsetzung der "Strategie 2023", die 2019 ins Leben gerufen wurde. Dabei ging es darum, dass die fünf Universitäten [Basel, Freiburg im Breisgau, Haute-Alsace, Strasbourg und Karlsruher Institut für Technologie (KIT)] eine gemeinsame Richtung einschlagen.

Mehrere Maßnahmen haben gut funktioniert. In den Quantenwissenschaften hat Eucor Synergien mit dem Doktorandenprogramm Quantum science and technologies at the european campus geschaffen, das 38 internationale Doktoranden umfasst. In diesem Rahmen wurde auch ein erster grenzüberschreitender Lehrstuhl zwischen dem KIT und der Universität Straßburg eingerichtet. Diese Erfahrung kam später einem weiteren, mit europäischen Mitteln geförderten Doktorandenprogramm zugute, diesmal im Bereich der Immunologie (Eucor upper rhine immunology doctoral programme). Dieses Programm gab Wissenschaftlern, die bereits häufig zusammenarbeiteten, einen Rahmen. Der von Eucor eingerichtete und verwaltete Seedmoney Seed Fund, der von den Partneruniversitäten aufgestockt wurde (300.000 Euro), mag im Vergleich zu den europäischen Fördermitteln bescheiden erscheinen, doch konnten damit 41 Projekte unterstützt werden.

Waren andere Dimensionen der Strategie weniger überzeugend?

Die "Strategie 2023" setzte Ziele, die in vier Achsen unterteilt waren: personalisierte Medizin, Quantenwissenschaften und -technologien, nachhaltige Entwicklung und europäische Identitäten. Man kann nicht sagen, dass eine der Achsen nicht funktioniert hätte. Andererseits hatte das Programm für jede Achse eine ähnliche Entwicklung postuliert, doch die Realität ist viel heterogener. Jeder entwickelt sich auf seine Weise. So hat der Schwerpunkt "Nachhaltigkeit" eine Vielzahl von Formen angenommen: Studenten haben sich an Aktionen beteiligt, Arbeitsgruppen haben Universitäten und Städte zusammengeführt, die Art und Weise der Umwandlung des Atomkraftwerks Fessenheim wurde unter technologischen Gesichtspunkten hinterfragt, ein dritter grenzüberschreitender Lehrstuhl "Wasser und Nachhaltigkeit" wurde ins Leben gerufen. Dementsprechend versucht die "Strategie 2030" nicht, eine Strategie für jede Achse strikt abzuleiten. Sie lässt Raum für Flexibilität, Finanzierungsmöglichkeiten und neue wissenschaftliche Entwicklungen, die wir nicht hätten kommen sehen können.

Worauf zielt die "Strategie 2030" ab?

Die vier für 2019 festgelegten Schwerpunkte konzentrieren sich auf gesellschaftliche Herausforderungen, die nach wie vor aktuell sind: "Quantenwissenschaften und -technologien" stehen im Zusammenhang mit der europäischen Souveränität, die personalisierte Medizin steht im Mittelpunkt von Gesundheitsfragen, Überlegungen zu "europäischen Identitäten" sollen uns helfen, in Frieden zu leben, und "Nachhaltigkeit" ist in aller Munde. Sie bleiben also relevant, aber es geht darum, einen Schritt weiter zu gehen.

Wir wollen von der Zusammenarbeit zur akademischen Integration übergehen, vor allem durch die Verstetigung der Maßnahmen. Mehrere gemeinsame Ausbildungsgänge waren erfolgreich. Häufig waren sie in spezifischen Bereichen angesiedelt und nur etwa zwanzig Studierende profitierten davon. Wir wollen Eucor für die Mehrheit öffnen. In dieser Hinsicht gibt es eine Herausforderung im Bereich der digitalen Werkzeuge, damit zwei Studenten aus Freiburg und Straßburg, die das gleiche Fach studieren, miteinander in Kontakt treten oder sich für einen Kurs an der Nachbaruniversität einschreiben können. Dies sollte nicht mehr die Ausnahme sein, sondern zum Standardangebot gehören.

Welche weiteren Ziele verfolgt Eucor über Forschung und Lehre hinaus?

Was die Schönheit von Eucor ausmacht, ist die Vielfalt der durchgeführten Maßnahmen. Die europäischen Finanzierungsprogramme sind nicht alles. Projekte zur studentischen Zusammenarbeit sind wichtig. Wir versuchen auch, eine Gemeinschaft der Mitarbeiter der Universitäten zu entwickeln. Der Weg in die Zukunft besteht darin, sich stärker der Gesellschaft zu öffnen. Das ist etwas, das in Mode ist, aber auch eine Herausforderung darstellt. Forscher teilen eine gemeinsame Kultur, auch wenn sie aus dem Ausland kommen. Für eine Universität, die sich an Akteure aus einem anderen Sektor, sei es Gesellschaft oder Wirtschaft, wenden möchte, sind die Dinge komplexer. Das KIT hat mit seinem "Mobilab" im Jahr 2023 ein interessantes Konzept eingeführt. Im Rahmen einer "Eucor-Tour" hat diese mobile Hütte gezeigt, dass man die wissenschaftliche Forschung über Grenzen hinweg in den öffentlichen Raum tragen kann.

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