Saarland – Mosel – Großregion

Der Vertrag zwischen SHS und Verso Energy ist ein Boom für die saarländische Industrie

Der saarländische Stahlproduzent und der französische Energiedienstleister haben am 5. September einen Liefervertrag unterzeichnet, der das Projekt für „grünen“ Stahl konkretisiert, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Energieakteuren stärkt und Europa auf den Weg der Dekarbonisierung führt.

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© André Faber.

Die Skeptiker haben sich also geirrt. In den letzten vier Jahren hatten die 13.000 Mitarbeiter der Stahl-Holding-Saar (SHS) viele Gründe, um ihre Zukunft zu bangen. Freunde der deutsch-französischen Freundschaft bedauerten, dass Paris nur wenig bereit war, mit Berlin zusammenzuarbeiten, um das Wasserstoffprojekt Power4Steel zu unterstützen – eine Lösung, die SHS, den drittgrößten Stahlproduzenten Deutschlands, zukunftsfähig machen sollte. Skeptiker zweifelten an der Verwirklichung einer grenzüberschreitenden Wasserstoffschleife, die die großen Industriestandorte im Saarland, in der Moselregion und in Luxemburg versorgen sollte. Die französischen Republikaner hingegen setzen auf Kernenergie.

Power4Steel: Ein europäischer Pionier

Doch es ist die Perspektive eines „grünen“ Stahls, basierend auf einer deutsch-französischen Wasserstoffversorgung aus erneuerbaren Energien, grenzüberschreitend transportiert, die Stefan Rauber, Geschäftsführer von SHS, und Xavier Caïtucoli, Präsident der Verso Energy-Gruppe, am Freitag, den 5. September in Dillingen (Saarland) besiegelt haben. Der französische Energiedienstleister verpflichtet sich, über zehn Jahre hinweg jährlich 6.000 Tonnen Wasserstoff aus erneuerbaren Energien zu liefern. Die ersten Lieferungen sollen 2029 beginnen, nachdem in Carling (Mosel) ein Elektrolyseur mit einer Kapazität von 100 MW gebaut wurde, in den 100 Millionen Euro investiert werden.

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Stefan Rauber, Geschäftsführer von SHS© SHS.

Power4Steel ist das größte Dekarbonisierungsprojekt Europas. Stahl, der durch Elektrolyse hergestellt wird, ist der einzige Mehrwert, der es uns ermöglicht, saarländische Produkte weltweit zu exportieren. Wir brauchen politische und europäische Unterstützung, um diese herkuleische Aufgabe zu meistern“, betont Stephan Rauber.

Niedrige Kosten

Gitta Connemann, Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, reiste aus Berlin an, um den Mut der saarländischen Gruppe zu würdigen, die ein Projekt im Umfang von 4,6 Milliarden Euro vorantreibt – davon 2 Milliarden Euro Eigenkapital. Die im Juli von der Europäischen Union gestartete Konsultation der Stahlbranche wird entscheidend sein, um die Wettbewerbsfähigkeit der dekabonisierten Produktion zu sichern. Für den Automobilbau, den Infrastrukturausbau und die Verteidigungsindustrie ist „grüner“ Stahl unverzichtbar. Er wird sich nur dann gegen Billigimporte durchsetzen können, wenn die durch die Energiewende entstandenen Mehrkosten berücksichtigt werden.

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Xavier Caïtucoli, Präsident von Verso Energy © Verso Energy.

Dieser Vertrag ist der erste seiner Art. Zwei Jahre lang haben wir mit den Teams von SHS auf juristischer, kommerzieller und technischer Ebene innoviert“, versichert Xavier Caïtucoli, Präsident von Verso Energy.

Verso Energy, das auf den Märkten für Energieerzeugung, Wasserstoff und kohlenstoffarme Moleküle für die Luft- und Schifffahrt aktiv ist, kündigt Investitionen in Höhe von 3 Milliarden Euro für die nächsten fünf Jahre an.

Carling zieht Projekte an

Über den Preis, den Verso Energy SHS im Rahmen der im Januar 2024 gestarteten Ausschreibung angeboten hat, sickerten keine Informationen durch. Mehrere Mitbewerber, darunter GazelEnergie, das dem Tschechen Daniel Křetínský gehört, hatten sich an dieser ersten Phase beteiligt. GazelEnergie, das ebenfalls in Carling ansässig ist, kündigte am 2. September Investitionen in Höhe von insgesamt fast 200 Millionen Euro an, um das Kohlekraftwerk Emile Huchet auf Biogas umzustellen (100 Millionen Euro), den Batteriepark auszubauen (50 Millionen Euro) und ein Biomasseheizkraftwerk zur Dampferzeugung (25 Millionen Euro) zu errichten. Zudem ist eine Kläranlage geplant. Zu diesen bereits bekannten Projekten kommt die neuartige Perspektive eines großen Rechenzentrums hinzu, in das GazelEnergie gemeinsam mit spezialisierten Co-Investoren investieren wird.

Das Projekt Emil’hy, eine Wasserstofffabrik, die nach einer Investition von 400 Millionen Euro zunächst 200 MW und später 400 MW produzieren soll, wird nicht aufgegeben. GazelEnergie, das Anfang des Jahres einen europäischen Zuschuss in Höhe von 20 Millionen Euro für die Umsetzung erhalten hat, hat eine Interessensbekundung bei Industrieunternehmen der Großregion gestartet, um deren Bedarf zu ermitteln.

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Frédéric Faroche, Präsident von GazelEnergie. © GazelEnergie.

„Die Prognosen für die nächsten zehn Jahre lassen einen erheblichen Bedarf erkennen. Wir treten in einen Dialog mit interessierten Industrieunternehmen und richten unser Angebot langfristig aus“, erklärt Frédéric Faroche, Präsident von GazelEnergie.  

Tatsächlich wird der Bedarf von SHS allein langfristig bei 120.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr liegen, für das gesamte Saarland bei 150.000 Tonnen. Die mosellanischen Industrien und luxemburgischen Studien zu dekabonisierter Mobilität könnten diese Nachfrage noch vervielfachen. Das grenzüberschreitende Wasserstofftransportnetz MosaHyc, dessen Fertigstellung Natran (ehemals GRT Gaz) für 2029 plant, kommt also genau zur richtigen Zeit und am richtigen Ort. An der Schnittstelle der europäischen Netze H2Med (Barcelona-Marseille, mit geplanter Verlängerung bis Deutschland) und HY4Link (zwischen Frankreich und den Benelux-Ländern) wird diese Schleife schnell unverzichtbar für europäischen Netz sein.

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© Pascale Braun.

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