Deutschland - Frankreich

Jacob Ross, Forschungsinstitut DGAP

"Für die Institutionen, die mit dem Vertrag von Aachen geschaffen wurden, war die Krise auch eine Chance"

Geschlossene Grenzen, Alleingänge und Chaos – das Coronavirus hat die deutsch-französische Zusammenarbeit in grenznahen Regionen auf eine harte Probe gestellt. Gleichzeitig führte die Pandemie aber auch zu Einfallsreichtum, ungefiltertem Austausch und Solidarität. Den Einfluss der Krise auf die grenzüberschreitende Kooperation und auf die mit dem Vertrag von Aachen neu geschaffenen Institutionen erläutert Jacob Ross, Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich deutsch-französische Beziehungen am Forschungsinstitut Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP).

Jacob Ross
© Jacob Ross

Der Vertrag von Aachen ist nun seit drei Jahren in Kraft. Zwei von den drei Jahren waren von der Coronapandemie geprägt, die viele Herausforderungen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit sich gebracht hat. Sie sind jedoch der Meinung, dass Covid-19 der deutsch-französischen Kooperation in gewisser Weise gut getan hat. Wie kommen Sie darauf?

Jacob Ross: Ich denke tatsächlich, dass die Grenzregionen und die neuen Institutionen, die durch den Vertrag von Aachen geschaffen wurden, ironischerweise ein Stück weit von dieser Krise profitiert haben, denn sie waren im Zentrum der Aufmerksamkeit. Ein großes Problem besteht darin, dass die deutsch-französischen Grenzregionen sich oft von den höheren Instanzen nicht verstanden fühlen. Mit der Pandemie bekamen dagegen die Regionen auf einmal von den Hauptstädten Paris und Berlin, aber auch von den deutschen Landeshauptstädten und den französischen Präfekturen volle Aufmerksamkeit. 

Viele Schlagzeilen, die die Grenze betrafen, waren aber auch sehr negativ. Aufmerksamkeit alleine bringt doch nicht viel, oder?

Es hat insofern etwas gebracht, dass mit der erhöhten Aufmerksamkeit auch ein ungefilterter, direkter Zugang zu den Entscheidungsträgern in den Hauptstädten entstanden ist. Bürgermeister und Bürgermeisterinnen von grenznahen Kommunen saßen auf einmal mit Vertretern des Gesundheitsministeriums aus Berlin an einem Tisch und konnten ohne Filter über Probleme sprechen. Probleme wie zum Beispiel, dass die Grenzschließung dazu führte, dass Krankenschwestern, die auf der anderen Seite der Grenze arbeiteten, jeden Tag riesige Umwegefahren mussten, um zur Arbeit zu kommen. Das sind Dinge, die in Berlin oft nicht mitgedacht werden, wenn Beschlüsse oder Gesetze entworfen werden. Durch den intensiven Austausch konnte direkt Einfluss auf die Entscheidungsfindung genommen werden, so wurden viele Ausnahmeregelungen für Grenzgänger geschaffen. Das ist die positive Seite der Aufmerksamkeit.

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